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Auswirkungen der Urheberrechtsreform

Auswirkungen der Urheberrechtsreform des Europaparlaments | Datenbank Blog

Am 13. September 2018 wurde im Europarat für die Erneuerung des Urheberrechts gestimmt. Dadurch entsteht erstmals EU-weit eine einheitliche und verbindliche Gesetzgebung zur Verwendung und Vergütung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet. Die Neuerungen sind sehr umstritten und bedeuten für europäische Bürger einen tiefen Einschnitt in die private Nutzung und der Informationsverteilung des Internet.

Hintergrund der Neuregelung ist, dass viele geschützte Werke - wie Bilder, Texte, Musik und Videos - ohne die Erlaubnis des Urhebers, des Rechteinhabers, im Internet verteilt und vervielfältig werden. Insbesondere seien Verlage und Journalisten betroffen, die keine angemessene Vergütung der Inhalte erhalten, wie es früher in den Printmedien der Fall war.

Wichtige Beschlüsse des Europaparlaments im Überblick

Das neue Urheberrecht beinhaltet ein Leistungsschutzrecht das regeln soll, das Verleger und Journalisten angemessen für die Verbreitung ihrer Pressetexte bezahlt werden. In Artikel 11 wird Verlagen das ausschließliche Recht, der kommerziellen Online-Bereitstellung ihrer Inhalte, eingeräumt. Es geht unter anderem darum, welche und wie viele Angaben eines Presseartikels auf News-Plattformen wie beispielsweise Google News als Vorschau gezeigt werden dürfen und ab wann diese Plattformen ein Einverständnis brauchen und Gebühren zahlen müssen. Betroffen sind auch Suchmaschinen, die eine Vorschau bei Texten oder Bildern wiedergeben.

In Artikel 13 des Gesetzes wird die Verteilung urheberrechtsverletzender Inhalte geregelt. Demnach dürfen Plattformen keine Inhalte öffentlich bereitstellen, wenn diese urheberrechtlich geschützt sind und keine Genehmigung oder Vergütung des Rechteinhabers vorhanden ist. Die Plattformen müssten Lizenzen zur Veröffentlichung und Nutzung der Inhalte, die von Nutzern hochgeladen werden, erwerben.

Der „Text-Mining-Paragraph“ im Überblick

Das EU-Gesetz sieht erstmals einen sogenannten „Text-Mining Paragraph“ vor, der die Verwendung von öffentlich zugänglichen Texten, Webseiten und Datenbanken zum Zwecke der Datenanalyse regelt. Es gibt drei Szenarien bei der Nutzung und Analyse von öffentlichen und privaten Datenbeständen, dem der Forschung, der kommerziellen Nutzung und des Kooperationsverbunds. Wobei jegliche kommerzielle Nutzung zur Lizenzzahlung verpflichtet.

Kommerzielle Unternehmen, die das Kapital für Lizenzen nicht aufbringen können, haben kaum legale Möglichkeiten in zukunftweisenden Technologien wie Künstliche Intelligenz zu investieren, wenn keine Ausnahmeregelungen beschlossen werden. Davon werden viele kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups betroffen sein. In Deutschland besteht erstmals seit März 2018 eine Ausnahmeregelung für Forschungseinrichtungen, die Rechtssicherheit bei der Verwendung und Verbreitung von Inhalten aus Daten- und Textanalysen schafft, solange sie dem wissenschaftlichen Zweck dienen.

Schreckgespenst Upload-Filter

Auf den ersten Blick scheint die Neureglung auf die Allgemeinheit keine Auswirkung zu haben, da in der Gesetzesnovelle die Belange von Medienunternehmen und Rechteinhabern geregelt werden. Doch weit gefehlt! Jeder Nutzer von Onlineplattformen, Nachrichtendiensten und Suchmaschinen wird, wenn das Gesetz durch die Mitgliedsstaaten den Empfehlungen der EU folgt, die Auswirkungen bei der täglichen Nutzung spüren.

Eines der umstrittensten Themen ist der Upload-Filter, der Inhalte bereits beim Hochladen von Texten, Bildern, Videos und Musik auf Urheberrechtsverletzungen prüfen und sperren soll. Der Upload-Filter stand in einer früheren Fassung zur Debatte, wurde in die beschlossene Fassung jedoch nicht übernommen. Kritiker nehmen jedoch an, dass die Upload-Filter kommen werden, da aufgrund der riesigen Datenmengen, die täglich auf sozialen Medien geteilt und auf Mediaplattformen hochgeladen werden, keine andere technische Lösung möglich ist.

„Geschützte Inhalte werden doch heute schon von den Plattformbetreibern gelöscht, warum braucht es jetzt Upload-Filter?“ Grund ist die geänderte Rechtslage. Nach dem neuen Urheberrecht haften künftig die Betreiber von Plattformen und Webseiten, auf denen urheberrechtlich Geschütze Inhalte der Öffentlichkeit dargeboten werden und dafür keine Lizenzgebühren und vertraglichen Regelungen mit dem Rechteinhaber geschlossen wurden.

Beispiel eines Upload-Filters in der Praxis

Der Nutzer A und die Nutzerin Maxima Muster stellen beide ihre jeweiligen Werke auf der Plattform der Öffentlichkeit zur Verfügung. Andere Nutzer sehen die Inhalte und nutzen diese für den Austausch in der Community.

Dabei macht Nutzer B einen Vorschlag zur Gestaltung des Bildes von A und Nutzer C resümiert zum Aufsatz von Maxima Muster. Der Plattformbetreiber hat seinen Upload-Filter so eingestellt, dass kopierte Inhalte erkannt und von der Veröffentlichung ausgeschlossen werden.

Dass diese Bestandteile einer Kommunikation und völlig legal sind, erkennt der Filter nicht. Das Zitieren und „Remixen“ ist für private Nutzer gestattet. Der Betreiber ist jedoch auf der sicheren Seite und muss keine Strafen fürchten.

Technisch ist es nicht möglich Zitate, Satire, inhaltliche Bildbestandteil oder Video- und Audiosequenzen so abzugrenzen und in einem Kontext zu erkennen (z. B. einem Austausch zu einem Thema in einem Forum), dass sie als legale Inhalte zugelassen werden. Das Ausmaß dieser technischen Regulierung ist gewaltig und die Auswirkungen noch schwer vorstellbar.

Ausgestaltung der Vorlage ist Sache der Mitgliedsstaaten

Der Gesetzesentwurf wird nach Beschluss in den sogenannten Trilog-Verhandlungen im Detail ausgearbeitet. Viele Vorschläge zur Auslegung und Formulierung werden wohl übernommen werden, da der Kreis der Unterhändler aus den Befürwortern des Gesetzes gebildet wird. Nach Abschluss der Verhandlungen ist es an den EU-Mitgliedsstaaten eine nationale Rechtsprechung darauf aufzubauen und durchzusetzen.

Die Auswirkungen sind vergleichbar, wenn auch weniger weitreichend, mit der EU-DSGVO, die im Mai 2018 in Kraft getreten ist. Es bleibt zu hoffen, dass nach der großen Diskussion wie bei der DSGVO ein praktischer Weg verfolgt und private Interessen von Unternehmen und Bürgern bei der Anwendung des kommenden Gesetzes berücksichtigt werden.